Der Familientreff wird 40 

 Der Familientreff wird 40 

Lebendiges Quartier und freiwilliges Engagement 

Was ist der Familientreff? Was sind seine Ziele? Wie ist er entstanden? Wie funktioniert er und wer sind die Leute hinter dem Familientreff?

Um dies herauszufinden habe ich mich zu einem Interview mit den Initiatorinnen Silvia Widmer und Monika Hertler und den ehemaligen Präsidentinnen Franziska Schefer und Monika Gschwend getroffen. Das Treffen fand im im evangelischen Kirchgemeindehaus statt. Der Familientreff durfte und darf dieses, ebenso wie die Oase, schon immer kostenfrei nutzen, wofür wir sehr dankbar sind. 

Wir hoffen, dass viele LeserInnen dieses Artikels sich an ihre Zeit und Erlebnisse im Familientreff erinnern und vielleicht auch ein bisschen in ihren Erinnerungen schwelgen. 

Monika Hertler und Silvia Widmer, wie ist der Familientreff 1984 entstanden und was hat euch motiviert, dieses Angebot in St. Georgen zu schaffen?

Monika H.: Zu dieser Zeit waren wir im Vorstand der katholischen Frauen- und Müttergemeinschaft St. Georgen/St. Gallen. 

Silvia: Aus anderen Quartieren habe ich von Mutter-Kind Treffen gehört, die an Nachmittagen stattfanden. 

Monika H.: Nach dem OK des Vorstandes haben wir einen solchen Mutter-Kind Treff in der Pfadibude organisiert. Viele Mütter haben dieses Angebot gern angenommen und so konnten wir die Idee weiter ausbauen und auch abends Treffen veranstalten. 

Ziel war es, sich auszutauschen, neue Mütter mit Kleinkindern kennenzulernen und ihnen die Integration ins Dorfleben zu vereinfachen. Aufgrund von verschiedensten Fähigkeiten und Kenntnissen konnten alle voneinander profitieren . Die Treffen waren möglichst einfach und günstig gehalten, damit alle teilnehmen konnten. Bei den Treffen am Abend haben wir uns mit kinderbezogenen Themen auseinandergesetzt, Aufgaben geplant und auf alle verteilt, so dass es es für die einzelnen Mütter nicht zu viel wurde.

Silvia: Mich hat es immer interessiert, welche Mütter im Quartier wohnen und für die Kinder war es auch schön, ihren Kreis zu erweitern. Als sie später in die Schule kamen, kannten sie bereits einige Kinder. 

Die Gespräche unter den Frauen haben mir jeweils gutgetan. Wir hatten alle eine ähnliche Lebenssituation und ähnliche Probleme und wir konnten voneinander lernen. An den Nachmittagen haben wir manchmal auch einfach Z`Vieri gegessen und sind zusammen spazieren gegangen. 

Monika H.: Mir war es immer wichtig, dass das Quartier lebendig ist. Dass nicht jede/r seinen eigenen Weg geht undman zusammen etwas macht. Es ging auch darum, ein Angebot zu schaffen für Frauen, die vielleicht Hemmungen hatten, auf andere zuzugehen. So dass auch sie Kontakt knüpfen und sich mit ihren Fähigkeiten einbringen konnten. 

Wie haben die Frauen von dem Angebot erfahren? 

Monika H.: Der Mütterverein führte zu der Zeit pro Jahr eine Hauptversammlung im Adlersaal durch. Es nahmen jeweils zwischen 80 und 100 Frauen daran teil. Das war ein Höhepunkt im Vereinsjahr. Dort haben wir die jungen Frauen angesprochen und unseren Mutter-Kind Treff vorgestellt. Da es früher kein grosses Angebot für Mütter mit Kleinkindern gab, fanden die Mütter das lässig. Als die Kinder dann mit 5 Jahren in den Kindergarten kamen, zogen sich viele wieder vom Treffen zurück.

Wie viele Teilnehmer hattet ihr am Anfang?

Monika: Am Anfang waren es nur wir zwei.

Silvia: Es sind dann schnell mehr geworden. Als wir angefangen haben, waren die meisten Frauen zu Hause und haben nicht auswärts gearbeitet. 

Wie hat sich dann eurer Mutter-Kind Treff weiterentwickelt (90iger Jahre)? Wie bist du, Franziska, zum Familientreff gekommen und was war dir wichtig?

Franziska: Mein Mann und ich sind 1991 nach St. Georgen gezogen und wirhaben gerade unser zweites Kind bekommen. Wir suchten Anschluss und über die Anzeige im Pfarreiblatt ging ich an ein Offenes Treffen. Es war ein schöner Abend. Ich habe mich gleich sehr wohl gefühlt und gewusst, das ist eine Möglichkeit für mich, ins Quartier hineinzukommen. Und das hat sich dann auch bewahrheitet. 

Mir hat es gut gefallen, dass der Treff offen gestaltet war. Jede/r konnte sofort mit seinen Ideen mitmachen, ohne Hürden und Vereinswesen. Das Freie hat mir sehr gefallen. Zu meiner Zeit haben wir den Namen dann von «Mutter-Kind Treff» zu «Familientreff» geändert mit dem Ziel, Angebote zu schaffen die sich an ganze Familien richteten. 

Der Namenswechsel hat dannbewirkt, dass neue Frauen und auch Männer dazugekommen sind. 

Mir war immer wichtig, dass der Familientreff eine offene und niederschwellige Struktur ohne Mitgliederbeitrag bietet. Zu der Zeit haben wir uns als eigenständige Gruppierung neuformiert und uns vom Mütterverein getrennt. 

Der Unterschied war zunehmend auch, dass wir Treffen und Anlässe für die ganze Familie geplant haben. 

Mein Ziel war immer, dass die Leute Kontakt knüpfen und da, wo sie wohnen, miteinander aktiv sind. Dass sie ihre Ressourcen einbringen können, wie es ihnen gerade zeitlich möglich ist dass damit möglichst günstig und einfach Leben ins Quartier gebracht wird. Ich fand es auch großartig, dass Frauen mit Migrationshintergrund eine Möglichkeit fanden, sich unkompliziert zu integrieren. 

Mit der Zeit hatten wir im Vorstand dann auch einen Vertreter aus den ref. und kath. Kirchen. So konnten wir die ökumenischen Anlässe gemeinsam durchführen. Die gute Zusammenarbeit im Quartier habe ich immer sehr geschätzt. 

2004 zum 20jähigen Jubiläum hast du deinen Staffelstab an Monika Gschwend weitergegeben. Wie ist es dazu gekommen? Und was hat dich Monika motiviert im Familientreff mitzuwirken?

Monika G.: 1999 bin ich nach St. Georgen gezogen. Zu der Zeit hatte ich zwei Kleinkinder und kaum Kontakte. Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, andere Familien und Mütter kennenzulernen. Zu Beginn habe ich an sehr vielen Angeboten, wie dem Fasnachtsumzug, dem Mukiturnen, Chlaus im Wald, dem Kleinkindertreff, Kasperli, der Kleiderbörse, dem Weihnachtsbasteln usw. teilgenommen. Da ich neugierig bin und gern unter Leuten bin, habe ich schnell Anschluss gefunden. Schon bald hat mich jemand aus dem bestehenden Familientreff angesprochen und gefragt, ob ich mitarbeiten möchte. Mir hat es viel Spass gemacht, zu organisieren und so habe ich,, als die Anfrage kam, ob ich in den Vorstand möchte, auch zugesagt. 14 Jahre habe ich als Präsidentin im Familientreff mitgearbeitet. Es war eine sehr bereichernde Zeit. 

Wie konnte sich der Familientreff etablieren? Wie habt ihr Werbung gemacht?

Monika H.: Wir haben halbjährlich ein Faltblatt mit dem Programm zusammengestellt.

Franziska: Ein Faltblatt, welches wir dann zu Fuss in alle Haushalte verteilt haben.

Monika G.: Wir hatten auch später ein eigenes Programm, welches wir zu Fuss an alle interessierten Haushalte verteilt haben.

Heute findet man das Programm des Familientreff in der St. Geörgler Zytig oder auf unserer Homepage https://familientreff-sg.ch

Wie lief der Familientreff organisatorisch? Welche Schwierigkeiten gab es? Was denkt ihr über den Wandel in den letzten Jahren?

Monika H.: Anfangs waren die Vorstandsfrauen aus dem Mütterverein skeptisch. Sie hatten bereitserwachsene Kinder und kannten diese Art, sich zu treffen, nicht. Aber sie haben es uns zugetraut und haben uns machen lassen. 

Silvia: Sie waren  positiv und haben uns unterstützt. »Probiert es aus!». Ddas habe ich sehr geschätzt. 

Franziska: Der ständige Wechsel unserer Mitglieder hat uns immer begleitet. Es war an keiner halbjährlichen Versammlung gleich. Der Familientreff war im dauernden Wandel. Wir von der Kerngruppe haben die Leute im Ort oft persönlich angesprochen. Einfach ein Treffen ausschreiben und hoffen, dass jemand zur Mitarbeit kommt, da wär niemand gekommen. 

Monika G.: Bei mir war es gleich. Als ich angefangen habe, gab es noch viele Teilnehmer an den Treffen. Mit der Zeit wurde es immer schwieriger, Leute zu finden die mitarbeiten. Viele Frauen waren dann wieder berufstätig. 

Franziska: Wir haben viel ausprobiert und wenn ein Angebot keinen Anklang fand, haben wir es wieder gelassen. Aber es gab auch Angebote, die sind immer wahnsinnig gut gelaufen, wie bspw. das Kinder-Skirennen.

Monika G: Vielleicht braucht es heute auch nicht mehr so viele Angebote vom Familientreff. Wichtig ist doch, dass es durch den Familientreff die Möglichkeit gibt, dass sich die Leute, die das wollen, im Dorf kennenlernen können. 

Franziska: Das Angebot, welches es heute gibt, ist super und beliebt, und das ist gut so.

Was hat euch besonders begeistert, was war besonders gelungen? 

Silvia: Als die Kinder klein waren, war mir das Wichtigste die Geselligkeit. 

Monika H. Es war was völlig Neues undanderes, als wie wir aufgewachsen waren. Es war eine schöne Zeit. Es war eine Ehre, wenn man gefragt wurde, im Vorstand mitzumachen. 

Franziska: Ich finde es wunderbar, dass wir in diesem Quartier wohnen, in dem so vieles möglich war und ist. Die Höhepunkte waren für mich die Jubiläen und ökumenischen Familienfeiern. Die Weihnachtsbastelkurse, Kasperlinachmittag. Fasnachtsnähkurse und der Umzug, Familienfussballturnier sowie Turnen für Mütter mit Kinderbetreuung in der Pfadibude. 

Monika G: Für mich waren es die Kochkurse mit der ganzen Familie. Wir haben unter der Anleitung von St. Geörglern tailändisch, karibisch und libanesisch in der Oase gekocht und dann zusammen gegessen. Der Samichlaus im Wald, der Kinderflohmarkt auf dem Hebelschulhausplatz, die Teilnahme an den Pfarreiabenden und Kinderwochen waren ebenfalls Highlights. Ich habe viele Kontakte und gute Freunde aus dieser Zeit.  

Wer hat den Familientreff unterstützt?

Monika H.: Bei uns war es ganz klar der Mütterverein.

Franziska: Uns haben immer die evangelischen und katholischen Kirchen unterstützt, finanziell durch die kostenlose Nutzung der Räume später aber auch personell. Die Stiftung St. Georg hat uns ebenfalls immer sehr unterstützt.

Monika G.: Bei mir lief es dann genauso weiter. Ich konnte auf all diese Unterstützung bauen.  

Was möchtet ihr zum Abschluss dieses Interviews gern noch sagen?

Silvia: Heute könnte man vielleicht ältere Leute einbeziehen und nachfragen, ob sie Lust haben mitzuarbeiten, oder sich zu beteiligen z.B. an Angeboten für Grosseltern mit ihren Enkeln.

Franziska: Ich denke, dass es gut ist, die freiwilligen Angebote für Familien und Kinder in St. Georgen unter dem Namen Familientreff zu bündeln. Es laufen so viele Sachen, da muss der Familientreff nicht alles selbst machen. Es ist schön, wenn es ein paar wechselnde Angebote weiterhin gibt und ihr sie koordiniert.

Silvia: Ich denke, es ist immer noch gut, mutig und idealistisch zu sein. Etwas Neues zu starten, Neugier zu wecken und auch die Leute nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Ich kann mir vorstellen, dass Leute, die nach St. Georgen ziehen, auch heute noch Anschluss und Kontakt suchen.

Monika H.: Es ist auch gut, sich auf bestehende Angebote, die gut bei den Quartierbewohnern ankommen, zu reduzieren und diese zu pflegen.

Franziska: Ich finde, es zeugt von einer hohen Lebensqualität, wenn  in einem Quartier ein Familientreff möglich ist.

Monika G.: Ich hoffe, dass der Familientreff noch lange besteht und das Angebot weiterhin so bunt und vielfältig bleibt. Danke für die schöne und interessante Zeit bei euch. Versteh den Satz nicht, braucht es ihn?

Vielen Dank für dieses interessante Interview. Es ist uns bewusst, dass auch viele andere ehemalige und aktive Mitglieder des Familientreff ausführlich Auskunft hätten geben können. Vielleicht ergibt sich am Jubiläum die Gelegenheit dazu, sich darüber auszutauschen.

Weiterhin möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bei allen Unterstützern, Mitarbeitern und Spendern bedanken. Die Liste wäre zu lang, um sie hier aufzuführen.

So wie in diesem Interview beschrieben, funktioniert der Familientreff St. Georgen auch heute noch auf der Grundlage von freiwilligem Engagement und dem Wunsch nach einem lebendigen Quartier mit günstigen und niederschwelligen Angeboten für Kinder und Familien.

Viele großartige Angebote und Veranstaltungen fanden auch in den letzten 10 Jahren seit dem 30igjährigen Jubiläum statt. Wir denken gern an das Konzert von Andrew Bond, das Feuerwehrfest auf dem Hebelschulhausplatz, Kräuterkurse, die Teilnahme am Weihern OpenAir und vieles mehr zurück. Auf unserer Homepage finden sich schöne Bildern von all den Anlässen, auf die gern zugegriffen werden kann. 

Wir hoffen sehr, dass dieses Interview das Interesse geweckt hat, den Familientreff St. Georgen weiterhin zu unterstützen und neu kennenzulernen. 

Das Interview führte im Namen des Vorstands des Familientreffes Maike Kittel